Kinder bekommen können sie noch nicht. Und doch haben auch Männer Brustwarzen wie ihre weiblichen Artgenossen. Gründe dafür erklärt die Wissenschaft. Oder sie stehen in Büchern.
Brustwarzen: Männer können die Brust geben
Als der Gelehrte Alexander von Humboldt zur Forschung unterwegs war und 1799 in einem Dorf in Venezuela Station machte, wurde er Zeuge dieser Geschichte: Darin berichteten ihm Einheimische von einem Bauern, der einen Säugling gestillt haben soll. Dessen Mutter war so schwer erkrankt, dass sie dem Kind nicht mehr die Brust geben konnte. Also legte der Mann das Baby an seine Brust.
Männliche Brustwarzen: Fakten der Wissenschaft
Ob im Talmud oder in Büchern des 19. Jahrhunderts, solche und ähnliche Geschichten finden sich in der Wissenschaft häufig. Und betrachtet man den männlichen Körper, sind seine Brustwarzen auf dem Oberkörper unübersehbar.
Warum aber haben Männer Brustwarzen? Eine Frage mit vielen Antworten:
- Zum einen liegt der Grund in der vorgeburtlichen Entwicklung, denn bis ungefähr zur zehnten Schwangerschaftswoche entwickeln sich Embryos als Zwitt
- Erst danach bilden sich gynäkologische Unterschiede heraus. Die männliche Brust ist von daher der weiblichen Brust ähnlicher als gedacht.
- Ist die zehnte Schwangerschaftswoche überschritten, entscheiden Chromosomen, ob ein Embryo zu einem Mann oder einer Frau wird.
- Wird das Y-Chromosom aktiv, ist es für die Verhinderung von Brustwarzen beim Mann zu spät.
- Daher haben alle Embryonen bereits ab einem frühen Entwicklungsstatus Brustwarzen.
- Ebenso stimmt auch ihre Klitoris mit seiner Eichel und Schamlippen mit dem Hodensack überein.
Männliche Brust: Wissen aus 400 Millionen Jahren
Wenn es diese Ähnlichkeiten bei Frau und Mann nicht gebe, dann gebe es weder Transsexualität noch Zwitterfähigkeiten. Vor allem letzteres kannte die Biologie schon vor ungefähr 400 Millionen Jahren bei vielen Fischarten. Eine Besonderheit ist zum Beispiel bei Schwertträgern bekannt: Wenn die Weibchen aus dem gebährfähigen Alter herausgewachsen sind, wandeln sie sich zu Männchen.
Männliche Brustwarzen: Optionen der Natur
Um auf die männliche Brust und die Ursache, warum Männer Brustwarzen haben, zurückzukommen: Eine weitere Basis für diese Tatsache liegt auch in der Evolution des Menschen und der Lebewesen als solche. So verfügen nicht nur Menschen sondern auch Säugetiere über so genannte Milchleisten, mit denen sie ihren Nachwuchs in einer frühen Entwicklungsstufe nähren. Laut Evolutionsforschern handelt es sich damit um ein Überbleibsel der Frühzeit, als es nötig war, dass die gesamten Gattung erhalten blieb. Von daher lässt es sich auch so erklären: Männer haben ebenfalls Brustwarzen, weil sich unsere Natur gern Optionen offen lässt.
Dazu ein paar Beispiele:
- Menschen und Pferde behalten bis heute zwei Drüsen zum Stillen.
- Kühe verfügen über vier Drüsen, Katzen sogar über acht.
- Fachlich wird diese Ausbildung als Polythelie, der Bildung weiterer Brustwarzen, bezeichnet.
Die erwähnten Milchleisten gehen im Laufe der Entwicklung teilweise wieder zurück. Wie weit das der Fall ist und wie viel von den Drüsen bleibt, das hängt vor allem von der durchschnittlichen Anzahl der Nachkommen einer einzelnen Art ab. Zusätzliche Warzen sind in der Regel kleiner. Das zeigt sich auch im Vergleich der weiblichen und männlichen Brust, denn bei letzterer sind die Brustwarzen kleiner.
Brustwarzen: Frau und Mann gleich ausgestattet
Weil entwicklungstechnisch also erst später entschieden wird, ob aus einem Embryo Mann oder Frau entstehen soll, werden wie gesagt alle mit Brustwarzen ausgestattet. “Das ist nichts Ungewöhnliches”, erläutert der Humanbiologe Carsten Niemitz. Begründung: In der Zeit unserer Vorfahren hat mal die eine und mal die andere Person die Kinder bekommen, auch wenn es sich um eine Frau und um einen Mann handelte. Entsprechend traten vor rund 250 Millionen Jahren Säugetiere auf, die im Prinzip ein definitives, nicht umwandelbares Geschlecht entwickeln konnten.
Brustwarzen: Erogen und Kälteempfinden
Dass sich die Brustwarzen beider Geschlechter sehr ähnlich sind, zeigt auch die Empfindlichkeit in Bezug auf Berührungen und Temperatur. Insbesondere das Kälteempfinden ist bei den Brustwarzen beider Geschlechter stark ausgeprägt. Die männlichen Brustwarzen sind oft genauso empfindlich wie die weiblichen, bestätigt auch Carsten Niemitz: “ … auch die Aufrichtbarkeit durch interne Muskulatur ist völlig gleich gesteuert. Beim Kältereiz sieht man (das) öfter also auch beim Unterhemd des Mannes etwas deutlicher.” Daraus leiten sich zwei Punkte ab, warum auch Männer Brustwarzen haben: Zum einen um das erogene Empfinden zu steuern und die Lust auf eine sexuelle Erfüllung zu steigern und zum anderen um das körperliche Wärme-Kälte-Empfinden zu regeln.
Ursachen: Warum sich Brustwarzen vergrößern
Ebenso können vergrößerte Mamillen, wie Brustwarzen auch heißen, in der Medizin auch ein Zeichen für eine gesundheitliche Störung sein.
Das betrifft beim Mann vor allem folgende Krankheiten:
- Teilweise Formen von Krebs, die zu einer so genannten Gynäkomastie, einer Vergrößerung der Brust führen können, die weibliche Ausmaße annehmen kann.
- Eine Verschiebung im Hormongleichgewicht, die aufgrund unterschiedlicher Ursachen entsteht.
- Eine Störung der Schilddrüsenfunktion oder eine Leberzirrhose.
- Sehr häufig auch die Einnahme von Medikamenten, Doping beim Sport oder Drogen.
- Ein konstantes bestehen bleibendes Übergewicht mit erhöhtem Cholesterinspiegel.
Wer generell noch mehr zu dem Thema erfahren möchte, der sollte das Buch “Warum haben Männer Brustwarzen” von Mark Leyner und Billy Goldberg lesen. Wie es im Untertitel heißt, gibt der im Plassen Verlag erscheinende Ratgeber “Medizinisch korrekte Antworten auf skurrile Alltagsfragen”.
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